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Öffentlich-rechtlichen Rundfunk als wichtigen Partner für das Musikleben stärken

Der Deutsche Musikrat begrüßt die geplante Reform von Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als zukunftsweisenden Schritt auf dem Weg zu einem qualitativ hochwertigen Angebot mit einem klaren Fokus auf Kulturberichterstattung und die Vermittlung Kultureller Vielfalt. Dieser Auftrag wird im Diskussionsentwurf in § 26 Auftrag klarer als zuvor hervorgehoben: »Die öffentlich-rechtlichen Angebote haben […] der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen.« Die Präzisierung des Auftrags spiegelt auch die historisch gewachsene, wichtige Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ebenso wie des privaten Rundfunks, als zentraler Resonanzraum für die Kultur, wesentlicher Partner und Förderer der musikalischen Akteure und als bedeutender Auftraggeber für die Kultur wider.

Der Deutsche Musikrat fordert, die völkerrechtlich verbindliche »UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen« und die »UNESCO-Erklärung von Mexico-City zum erweiterten Kulturbegriff« als Referenz- und leitende Handlungsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Medienänderungsstaatsvertrag aufzunehmen.

Als öffentlich finanziertem Medium kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein im Vergleich zu den privaten Anbietern weitaus unabhängigerer und grundlegenderer Bildungs- und Programmauftrag zu, wobei die Medienlandschaft in Deutschland in der fruchtbaren Interaktion des öffentlichen und des privaten Rundfunks wurzelt, die es zu erhalten und zu unterstützen gilt. Um seine am Gemeinwohl orientierten Aufgaben wahrnehmen zu können, müssen Ausstattung und Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dringend gewahrt werden. Der gemeinwohlorientierte Charakter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss sich auch in einem fairen Umgang mit Personal und Auftragnehmerinnen und -nehmern und in deren angemessenen Vergütung widerspiegeln. Für den Musikbereich bedeutet der Auftrag insbesondere, die Vielfalt der Genres und das ganze Spektrum der professionellen Musikszene sowie der Amateurmusik einer Zuhörerschaft zu vermitteln und dabei dem Kultur- und insbesondere dem Musikprogramm sowie der dazugehörigen Berichterstattung einen angemessenen Anteil an Sendezeit und Sendeplätzen zu gewährleisten. Diesem Anspruch wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk zuletzt immer weniger gerecht, was auf Programmveränderungen, eine generelle Verflachung des Angebots und die Reduktion der im öffentlich-rechtlichen Rundfunk repräsentierten musikalischen Vielfalt zurückzuführen ist.

Wir fordern daher, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, entsprechend seines im Diskussionsentwurf vorgesehenen Programmauftrags, seiner Verantwortung künftig wieder vollumfänglich nachkommt und die Vielfalt des Musiklebens im Rahmen eines sorgfältig kuratierten Programms vermittelt und damit zugleich auch Interesse neu weckt für die Welt der Musik. Hierfür müssen Produktions- und Sendekapazitäten erhalten und ausgebaut, Kulturbeiträge zu publikumsfreundlichen Sendezeigen ins Programm genommen und die Qualität der Beiträge durch kompetent besetzte Fachredaktionen gewährleistet werden. Die Erfüllung des Programmauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss handlungsleitend sein für alle im Reformprozess sich anschließenden Herausforderungen, etwa zu Fragen der Finanzierung und der Weiterentwicklung digitaler Angebote.

Gesamtangebot »für alle« bedeutet keine Beliebigkeit

Der Deutsche Musikrat unterstützt ausdrücklich, dass in der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verstärkt die vielfältige Bevölkerungsstruktur in Deutschland in den Blick gerückt werden soll und ein »Gesamtangebot für alle« (§ 26) unterbreitet werden soll. Dies ist eine notwendige Reaktion auf die sinkende Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen Auftrag und Struktur den heutigen Anforderungen an zeitgemäße Medien und insbesondere an das Rezeptionsverhalten auch der jüngeren Generationen angepasst werden sollen. Dies darf allerdings nicht zur Folge haben, dass lediglich auf Rezeptionsvorlieben verschiedener Bevölkerungskreise reagiert wird. Vielmehr ist im Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insbesondere auch die Aufgabe zu sehen, für die Vielfalt der Musik neues Interesse zu wecken und damit auch neue Zuhörerschaften zu erschließen. Eine wesentliche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang auch die Rundfunkklangkörper als Vermittler bildungskultureller Inhalte sowie als Auftraggeber und Interpreten insbesondere auch im Bereich der Neuen Musik. Der Deutsche Musikrat fordert daher, die Rundfunkklangkörper zu erhalten und zu stärken. Um diesen Programmauftrag zu erfüllen, bedarf es dauerhaft gut ausgebildeter Redakteurinnen und Redakteure, die das Musikleben in seiner ganzen Breite und Tiefe kennen. Zum Programmauftrag gehört auch, weiterhin und verstärkt die Amateurmusikszene und regionale Musiktraditionen abzubilden und zu begleiten und damit auch ein Medium für das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland bereit zu stellen. Die Kulturelle Vielfalt im Land wird durch den Programmreichtum der Landesrundfunkanstalten vermittelt. Eine einheitliche, länderübergreifende Berichterstattung ist daher nicht erstrebenswert. Vielmehr muss auch die Kultur insbesondere in kleinen und mittleren Städten mit ihren regionalen Profi-Ensembles im öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiterhin und verstärkt eine Plattform haben, über die auch der gesellschaftliche Zusammenhalt innerhalb einer Region gestärkt wird, da ein hohes Identifikationspotenzial der Zuhörerschaft mit dem Gesendeten besteht.

Der Programmauftrag »für alle« darf somit in keinem Fall zu einer Verflachung des Programms führen, indem der Mainstream-Geschmack als »Kleinster gemeinsamer Nenner« die Programme zu nah an die Privatwirtschaft rückt. Die Bereitstellung eines Programms für möglichst vielfältige Zielgruppen erfordert Sorgfalt und Kompetenz bei der Programmgestaltung, in keinem Falle aber Beliebigkeit. Um auf diese Qualitäten in den Fachredaktionen auch künftig zurückgreifen zu können, unterstützen wir ausdrücklich die bereits durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeleiteten Maßnahmen zur umfassenden Fort- und Weiterbildung von Nachwuchsmusikjournalistinnen und -journalisten.

Gremienstruktur dem Auftrag anpassen

Der Deutsche Musikrat befürwortet die neue Ausrichtung der Gremienstrukturen, in deren Dialog künftig verstärkt auch die Bevölkerung und damit die Perspektive der Rezipientinnen und Rezipienten miteinbezogen werden soll. Um die Erweiterung der Aufgaben und Kompetenzen der Aufsichtsgremien zu gewährleisten, müssen die Gremien personell und finanziell besser ausgestattet werden. Zudem sollten neben Vertretern der Zivilgesellschaft auch wissenschaftliche Expertise konsequent in die Beratungsprozesse der Gremien einbezogen werden. Wir fordern zudem, dass Vertreter/innen der jeweiligen Landesmusikräte in allen Rundfunkräten vertreten sind, nicht nur wie bisher in einigen Räten. Denn aufgrund der Bedeutung von Musik in den Programmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und auch vor dem Hintergrund der Kulturhoheit der Länder ist der jeweilige Landesmusikrat eine unverzichtbare Instanz, um in allgemeinen Programmangelegenheiten der Rundfunkanstalten zu beraten.

 

© 123rf.com / trixtan

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