Interview |

Fernambukholz – ein »heißes Eisen« für den Bogenbau

Warum das Verbot abgewendet werden konnte und ob die Gefahr nun dauerhaft gebannt ist. Darüber spricht Christina Schimmer im Interview mit Rüdiger Pfau, Bogenbaumeister aus Plauen. Er ist Gründungsmitglied bei IPCI Deutschland, einer internationalen Initiative der Bogenmacher/-innen, die sich für die Arterhaltung des Fernambukbaums einsetzt. Außerdem ist er Mitbegründer von conTakt-junior, einem Verein, der es begabten Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich hochwertige Streichinstrumente und Bögen zu erspielen.


Herr Pfau, was ist das für ein Baum, der die Klassikszene so bewegt?

Der Fernambukbaum (caesalpina echinata) wächst ausschließlich in Brasilien und dort auch nur im Küstenregenwald, der Mata Atlântica. Er ist der Nationalbaum des Landes, das nach ihm benannt ist. Der portugiesische Name für Fernambuk lautet »Pau Brasil«. Das Besondere an Fernambuk ist seine hohe Dichte und Festigkeit, gleichzeitig aber auch die beeindruckende Elastizität. Gute Fernambukbögen behalten über 100 Jahre ihre Biegung, auch wenn sie täglich gespielt werden. Diese Eigenschaften besitzt kein anderes Holz. Und natürlich machen Bögen aus Fernambuk einen Teil des Streicherklanges aus, den wir in der Klassik gewohnt sind.

Ist die Baumart wirklich so bedroht?

Leider ja, denn seit dem 15./16. Jahrhundert wurde Fernambuk in großen Mengen abgeholzt, ursprünglich als Färberholz. Der Baum bildet ein intensiv rot bis violett färbendes Holz, diese Farbe war vor allem bei religiösen Würdenträgern beliebt. Heute geht die größte Bedrohung von der Urbanisierung Brasiliens aus. Alle großen Städte liegen genau in den Küstenregionen, in denen auch der Fernambukbaum heimisch ist. Das hat dazu beigetragen, dass von der ursprünglichen Größe der Mata Atlântica heute nur noch ca. 15% erhalten sind.

Wie groß ist denn die Bedrohung des Bestands durch den Bogenbau?

Seit dem 18. Jahrhundert werden Bögen aus Fernambuk gefertigt, dabei nutzen wir nur das Innere, das sogenannte Kernholz. Aus einem ausgewachsenen Baum bekommt man Holz für bis zu 3000 Bögen. Ein einziger Bogenmacher wird in seinem ganzen Berufsleben also maximal das Holz von 1-2 Bäumen verarbeiten. Weltweit gibt es ungefähr 500 Bogenmacher, da bekommen Sie eine gute Relation.

Der Baum steht doch schon seit 2007 unter Schutz …

Ja, aber auf CITES-Schutzstatus zwei und dieser gilt nur für das Rohmaterial, der Handel mit fertigen Bögen ist von der Regulierung ausgenommen. Für uns sehr überraschend hatte Brasilien zur diesjährigen CITES-Konferenz beantragt, Fernambuk auf Schutzstatus eins zu setzen. Dieser Status hätte ein generelles Handelsverbot bedeutet, auch für fertige Bögen. Dann wäre nur noch der Handel von sogenanntem »Vorerwerbsmaterial« erlaubt. Alle, die einen Bogen aus Fernambukholz besitzen, hätten diesen innerhalb von 90 Tagen bei ihrer Naturschutzbehörde melden müssen, um ihn als »Vorerwerbsmaterial« zu registrieren. Mein Telefon stand nicht mehr still, weil die Leute total verunsichert waren und nicht wussten, was sie tun und wohin sie sich wenden müssen. Diese Regelung wäre für die Ämter nicht realisierbar gewesen, eine Überlastung vorprogrammiert. Ein Versäumen der Anmeldefrist wiederum hätte zu einer Unverkäuflichkeit des Bogens geführt.

Der Antrag auf der Konferenz in Panama im November wurde zum Glück abgewiesen, warum?

Der Weltgemeinschaft fehlten konkrete Daten, wie hoch der Bedarf an Fernambuk wirklich ist und ob der Handel mit Bögen ursächlich die Art bedroht. Als Ergebnis der Beratungen gab es den Auftrag, mehr Daten zu sammeln. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die nun die drei Jahre bis zur nächsten CITES-Konferenz Zeit nutzen wird, die Fakten zu evaluieren.

Gibt es Initiativen, den Bestand wieder aufzuforsten?

Zum Glück ja. Bereits im Jahr 2000 haben wir Bogenbauer/-innen uns international zusammengetan und den Verein IPCI (Internationale Initiative zur Erhaltung des Fernambukbaums) gegründet. Gemeinsam ist es uns bis jetzt gelungen 340.000 Bäume zu pflanzen. Wir haben zahlreiche Partner in Brasilien gewinnen können und finanzieren nicht nur die Pflanzung, sondern auch die Pflege der Setzlinge und der jungen Bäume. Auch ich war schon vor Ort und habe Pflanzungen besucht. Fernambuk wird auf Kakaoplantagen traditionell als Schattenspender genutzt. Viele der von uns seit 2000 gepflanzten Bäume sind mittlerweile zu stattlichen Exemplaren herangewachsen und könnten in ca. zehn Jahren geerntet werden. Nicht zuletzt dieser Initiative der Nachhaltigkeit haben wir es zu verdanken, dass der Schutzstatus bisher noch nicht höhergestuft wurde.

Wagen Sie eine Prognose für die nächste Artenschutzkonferenz in drei Jahren?

Wir werden die kommenden drei Jahren nutzen, um eine ordentliche Evaluierung zu erarbeiten und uns weiter für die Pflege des Baumbestands einzusetzen. Außerdem unterstützen wir ein Forschungsprojekt der Universität de Bahia zur nachhaltigen Nutzung von Fernambuk. Dort wird die Nutzung von Plantagenfernambuk erforscht – z.B. wo und wie es  in welcher Qualität wächst. Wenn wir es schaffen, für Streichbögen geeignetes Fernambukholz in Plantagen anzubauen, dann ist mir um die Zukunft des Bogenbaus und damit der gesamten klassischen Musik nicht bange.

Lieber Herr Pfau, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Fernambukstangen (Bogenrohlinge) | Foto: Rüdiger Pfau
Fernambukbaum | Foto: Rüdiger Pfau
IPCI-Setzlinge | Foto: Rüdiger Pfau
Für die Zukunft – ein kleiner Fernambukbaum | Foto: Rüdiger Pfau
Rüdiger Pfau | Foto: Matthias Pagenkopf

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