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Tausende Queens auf Schloss Colditz

Ab 17. April ist die neunte Ausstellung der Reihe »Malende Musiker – Musizierende Maler« in der Landesmusikakademie Sachsen zu sehen

Zu den Feierlichkeiten in Stadt und Schloss Colditz in den nächsten Wochen wird sie leider nicht persönlich anwesend sein, doch in der Landesmusikakademie Sachsen ist sie trotzdem tausendfach zu sehen: Queen Elisabeth II. Die englische Königin ist nämlich auf einer Dauermarkenserie des Vereinigten Königreiches abgebildet, und diese Briefmarken hat der Dresdner Künstler und Musiker Martin Morgenstern zu großformatigen Bildern »komponiert«. In der neunten Ausstellung »Malende Musiker – Musizierende Maler« sind die Collagen ab dieser Woche in den Räumen der Landesmusikakademie Sachsen ausgestellt.

Während die Bilder aufgehängt und ausgeleuchtet werden, denkt Martin Morgenstern noch einmal an den Beginn dieser Serie zurück. »Seit 1967 wurde dieses Portrait der Queen, das Sir Arnold Machin gestaltete, in Porto-Werten von einem Halfpenny bis zu fünf Pfund Sterling mit über 150 verschiedenen Farbhintergründen ausgegeben: von hellgelb und orangebraun über lachsrosa, kobaltblau, limonengrün und ziegelrot bis moosgrün, mauve und amethystfarben …« Was sammelverrückte Philatelistenherzen schon einmal schneller schlagen lässt, war für den Dresdner 2011 Anlass, das Auftragswerk einer Internetfirma mithilfe einer Palette von 2.250 farbigen Machin-»Pixeln« zu gestalten. Als Leihgabe hängt das abstrakte Werk nun mit in der Ausstellung.

Die Beschäftigung mit wiederkehrenden Reihen, mit subtilen Variationen und minimalistischen Strukturen: die treibt den studierten Musikwissenschaftler und Musikkritiker, der im laufenden Sommersemester unter anderem einen Lehrauftrag an der Katholischen Universität in Eichstätt innehat, auch in der Musik manchmal um. »Das stundenlange meditative Sortieren und allmähliche ›Komponieren‹ der Markenbilder nach verschiedenen Ideen und Algorithmen aus meinem Fundus von mittlerweile knapp 300.000 englischen Briefmarken, während die ›Berliner Messe‹ von Arvo Pärt, ›Different Trains‹ von Steve Reich, Responsorien von Carlo Gesualdo oder die Radiohörspiele von Glenn Gould laufen: das hat für mich einen fast therapeutischen Effekt«, lächelt Martin Morgenstern. Der Leiterin der Landesmusikakademie Sachsen, Christine Müller, und dem Initiator der Ausstellungsreihe, Matthias Pagenkopf, fielen denn auch die interessanten Bezüge der Werke zum Schloss Colditz auf. »Die Collagen passen gut an diesen Ort, an den Clara Schumann die Päckchen für ihren Sohn Ludwig adressierte, und von dem aus der Lagerinsasse Pat Reid seine chiffrierten ›Liebesbriefe‹ nach England schickte«, sagt Christine Müller. Zumal die Ausstellung am Donnerstag innerhalb des Festaktes der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen zum siebzigjährigen Jubiläum der Befreiung des Oflags Colditz IV eröffnet wird. Unter den Gästen ist dann der britische Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland, Sir Simon McDonald.

Eine aufgestellte Postsäule am Eingang der Landesmusikakademie und ein Kistchen voller Machin-Marken lädt ab Freitag alle Besucher ein, diese Geschichten weiterzuschreiben, eigene Muster zu komponieren und sich in der Ausstellung, die den schlichten Titel »PORTO« trägt, der Faszination und dem »Flow« der anmutig nach links schauenden Queen glücklich zu überlassen.
Welche teils kuriosen Geschichten hinter den Tausenden und Abertausenden von Briefmarken aus 140 Jahren englischer Korrespondenz stecken, die nun in den folgenden Wochen in der Landesmusikakademie ausgestellt sind: das wird der Künstler im Rahmen einer musikalischen Midissage, dem Mittel- und Höhepunkt der laufenden Ausstellung, noch einmal ausführlicher erzählen. Die Veranstaltung findet am Sonntag, dem 27. September 2015, ab 17 Uhr in der Landesmusikakademie Sachsen statt.

Landesmusikakademie Sachsen
Kleine Galerie

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