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Gustav-Wohlgemuth-Plakette für Rolf Schneider und Christfried Brödel

Außergewöhnliche Verdienste um Laien- und Kirchenchorwesen in Sachsen gewürdigt

Mit der Gustav-Wohlgemuth-Plakette zeichnete der Sächsische Chorverband e.V. jetzt den Chemnitzer Chorleiter und Dirigenten Rolf Schneider sowie den emeritierten Rektor und Professor für Chorleitung an der Hochschule für Kirchenmusik Dresden, Christfried Brödel, aus. Damit würdigt der Sächsische Chorverband die jahrzehntelangen außergewöhnlichen Verdienste der beiden Persönlichkeiten um das sächsische Laienchorwesen. Die Plakette wurde benannt nach dem Leipziger Chordirigenten und Komponisten Gustav Wohlgemuth (1863–1937). Er leitete u.a. die Leipziger Singakademie, war Festdirigent der Gesamtchöre bei den Sängerfesten des Deutschen Sängerbundes, gehörte dem Führungsgremium des Deutschen Sängerbundes an und leitete 20 Jahre die Zeitschrift »Sängerhalle«.

Christfried Brödel wirkte von 1992 bis zur seiner Emeritierung im Jahr 2013 als Rektor und Professor für Chorleitung an der Hochschule für Kirchenmusik in Dresden. Sein Weg dahin führte zunächst über die Mathematik. Denn dieses Fach studierte der aus einem sächsischen Pfarrhaus stammende Christfried Brödel zunächst in Leipzig. Während des Studiums prägten und förderten ihn musikalisch zwei Chorleiter entscheidend: der Thomaskantor und Leiter des Universitätschores Hans-Joachim Rotzsch und Erich Schmidt, der damalige Leiter der Meißner Kantorei. Eine akademische Laufbahn als Mathematiker war Christfried Brüdel aus politischen Gründen verwehrt. So wechselte er 1984 als Kirchenmusiker zur Evangelischen Landeskirche Sachsens. Dort arbeitete er zunächst als Landessingwart und später als Dozent und Direktor an der damaligen Kirchenmusikschule in Dresden. Von 1981 bis 2017 leitete Christfried Brödel die Meißner Kantorei. Dieser außergewöhnliche Chor ist ein Ensemble begabter und begeisterter Laiensängerinnen und Sänger, das seinen Schwerpunkt schon seit Jahrzehnten bei zeitgenössischen geistlichen Chorwerken des 20. und 21. Jahrhunderts setzt. Christfried Brödels musikalisches Wirken lebt von der Spannung zwischen alter und zeitgenössischer geistlicher Musik. Mit der Meißner Kantorei und dem von ihm gegründeten Ensemble »vocal modern« brachte er rund 80 Werke zur Uraufführung, unter anderem zahlreiche Kompositionen aus dem Kantatenzyklus »Das geistliche Jahr« des Dresdner Komponisten Jörg Herchet. Hinzukommen kommen zahllose Erstaufführungen. Christfried Brödel ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und Vorsitzender der Neuen Bachgesellschaft (NBG). Für die Verbreitung der Werke Bachs engagiert er sich besonders durch die Leitung von Bachakademien in Osteuropa (Rumänien und Ukraine). In seiner 30 Jahre währenden Tätigkeit als Dozent und Professor für Chorleitung hat er ganze Generationen von Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern entscheidend geprägt. In zahllosen Seminaren und Kursen arbeitet er in ganz Deutschland und z.T darüber hinaus mit Dirigenten und Chorleitern, wobei ihm die Arbeit mit Laien nicht weniger Freude bereitet als die Leitung eines Meisterkurses. Christfried Brödel begreift sich stets selbst als Lernenden. Von seinem Chorleitungslehrbuch »Dirigieren für Chorleiter«, das 2014 im Bärenreiter-Verlag erschien, sagt er selbst, es sei das Ergebnis dessen, was er von seinen Studierenden lernen durfte.

1992 initiierte der Chemnitzer Rolf Schneider die Gründung des Musikbundes Chemnitz e.V., dessen erster Vorsitzender er wurde und den er über viele Jahre profilierte. Heute ist der Musikbund Chemnitz mit seinen 24 Chören und 900 Mitgliedern in Chemnitz und dem Umland einer von vier Regionalverbänden des Sächsischen Chorverbandes e.V. Bereits 1948 gründete Rolf Schneider als Neulehrer seinen ersten Chor in Chemnitz, ein Jahr später kam ein Männerchor hinzu. 1961 übernahm er die Leitung des Orchesters des »Florian-Geyer-Ensembles« Karl-Marx-Stadt und 1962 die Gesamtleitung des Ensembles, das er zu einem der leistungsstärksten Laienensembles der DDR profilierte. Mit diesem trat er zu den Arbeiterfestspielen auf, nahm an nationalen und internationalen Wettbewerben teil, reiste zu Konzerten durch die DDR und ins Ausland, war mehrfach in Fernsehsendungen wie »Alles singt!« zu sehen und zu hören. Das Ensemble wurde zudem für seine Uraufführungen von zeitgenössischen Komponisten wie Jürgen Golle und Gunter Erdmann gefeiert. Rolf Schneider leitete Jurys nationaler und internationaler Chorwettbewerbe oder gehörte diesen an. Als Dozent bildete er Chorleiter aus und weiter, unter anderem auch in Kuba. Auch den Eiskunstläuferinnen Gabi Seiffert und Katharina Witt sowie dem bislang einzigen europäischen Weltmeister auf der 400-Meter-Strecke von 1987, Thomas Schönlebe, brachte er als Musiklehrer an der damaligen Sportschule Karl-Marx-Stadt die Welt der Musik näher. Bereits ab 1985 engagierte sich der Chemnitzer im Bereich der Seniorenchöre. Von 1999 bis 2017 leitete er die Treffen von Seniorenchören künstlerisch. 2018 trafen sich in Chemnitz zum 33. Mal in Chemnitz Chöre aus Deutschland und Europa zum »Sängerfest«. Dieses geht ebenfalls auf das Engagement von Rolf Schneider zurück. Bereits 1983 regte er mit Blick auf die sängerische Tradition des »Deutschen Sängerbundes« das »Arbeitersängerfest« in Karl-Marx-Stadt an. 1989 nahmen erstmals Chöre aus Finnland, Österreich und der Bundesrepublik an diesem Treffen teil. Rolf Schneider, der in wenigen Tagen seinen 88. Geburtstag feiert, dirigierte letzmalig im Juni 2017 zum »Tag der Volkssolidarität« auf der IGA Berlin einen Chor von über 200 Sängerinnen und Sängern aus Berlin, Potsdam, Schwerin und Chemnitz.

Rolf Schneider
Foto: Uwe Winkler
Christfried Brödel
Foto: Uwe Winkler

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