Allgemeines |

Elemente – Schöpfung – Welt

Kirchenmusik in der Frauenkirche Dresden im Jahr 2016 zwischen Wiederentdeckung und Neuschöpfung

»Dass die Frauenkirche in Dresden eine klingende Kirche ist, hat sie in der ersten Dekade seit der Weihe 2005 unter Beweis gestellt. Seit 10 Jahren gestalten wir das geistliche Leben in Gottesdienst, Andacht und eigens entwickelten Formaten mit vortrefflicher Kirchenmusik«, erklärt Frauenkirchenpfarrer Sebastian Feydt. Das vielfältige Programm bietet im kommenden Jahr 50 Konzerte zzgl. zweier Mitsingveranstaltungen, 22 Geistliche Sonn- bzw. Festtagsmusiken, 38 Orgelabende, 12 Familien- bzw. Jugendangebote und zwei Adventsliedersingen. Es setzt auf die Balance aus formatpflegender Kontinuität und inhaltlicher Weiterentwicklung. So wird anlässlich des Jahrestages der Zerstörung Dresdens die a cappella-Motette »Vater vergib« des Frauenkirchenkantor Matthias Grünerts uraufgeführt. Die Vertonung der Versöhnungslitanei von Coventry steht in der Tradition des Anfang diesen Jahres erstmals musizierten »Pater noster« und wird fester Bestandteil der Programme der Chorreise sein, die den Kammerchor der Frauenkirche durch deutsche Nagelkreuzzentren führt. Bereits am Neujahrstag erklingt der eigens komponierte Kanon zur Jahreslosung; eine Tradition, die der Frauenkirchenkantor ebenso bereits seit mehreren Jahren pflegt. In den Geistlichen Sonntagsmusiken, von denen es 22 geben wird, werden sechs Kantaten von Homilius wiedererstaufgeführt. Die vermutlich seit der Zeit des Komponisten in Dresden nicht musizierten Werke wurden in den Beständen der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek entdeckt und aufwändig für die beiden Neuaufführungen in der Trinitatiszeit und am ersten Advent aufbereitet. Ohnehin sind die Geistlichen Sonn- und Festtagsmusiken über das ganze Jahr hinweg ein sprudelnder Quell für das Entdecken sakraler Werke. »Sie präsentieren in Musik gesetzte Predigten«, so Grünert. 2016 erklingen u.a. vier große Haydn-Messen, sieben Motetten bzw. Kantaten von Bach und eine Messvertonung von Mozart. Als Dresdner Reverenz wird zudem Zelenkas »Missa Omnium Sanctorum« aufgeführt.

Ein Komponist, der im kommenden Jahr kirchenmusikalisch besonders gewürdigt wird, ist Max Reger. In zeitlicher Nähe zu seinem 100. Todestag führen der Chor der Frauenkirche und das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera seine »Romantische Suite« auf. Außerdem durchziehen den die Innenstadtkirchen verbindenden Dresdner Orgelzyklus, der 2016 in sein zehntes Jahr geht, Programme mit Reger-Werken. Natürlich bleibt Johann Sebastian Bach als musikalischer Pate von besonderer Bedeutung, was sich u.a. an der Neuauflage des BACHzyklus mit insgesamt 10 Konzerten und den Programmen weiterer Orgelreihen zeigt.

Bei all der kirchenmusikalischen Fülle sind die Klangkörper der Frauenkirche die tragenden Pfeiler. Chor, Kammerchor und ensemble frauenkirche gestalten – neben ihren gottesdienstlichen Verpflichtungen – insgesamt 30 Angebote aus, die von Jugendangeboten über Sonntagmusiken bis zum großen Konzert reichen. Der Kammerchor ist außer in den traditionellen Aufführungen der Johannespassion, der h-Moll Messe und des Weihnachtsoratoriums von Bach auch in Aufführungen des Mozart-Requiems, Haydns »Schöpfung« und eigens zusammengestellten Festmusiken für das kurfürstliche sächsische Haus im Abschusskonzert der Frauenkirchen-Bachtage zu erleben. Der Chor führt u.a. Brahms‘ »Schicksalslied« und Mendelssohn-Bartholdys »Paulus« auf.

Bereits die Gestaltung der Programmbroschüre zeigt, dass die Konzerte im kommenden Jahr Horizonte öffnen und neue Einblicke freigeben wollen. Dramaturgische Ausgangpunkte sind – anders als in vorangehenden Jahren – keine festen Konzertreihen, sondern vielmehr zwei Assoziationen: re|creation und welt|weit. Entsprechende Schlüsselwerke stellen Haydns Oratorium »Die Schöpfung«, Rebels »Elemente« und Dvoráks Sinfonie »Aus der neuen Welt« dar.

Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) erlebt Roger »Moreno« Rathgebs »Requiem für Auschwitz« in der Frauenkirche seine Dresdner Erstaufführung. Der holländische Sinto-Musiker schrieb das chorsinfonische Werk wider das Vergessen. »Es gedenkt der Opfer und ist gleichzeitig eine Hommage an das Leben«, erklärt Barbara Damm, Programmleiterin Musik und Musiktheater in HELLERAU. »Dass die Aufführung mit den Roma- und Sinti-Philharmonikern unter der Leitung von Riccardo Sahiti in der Dresdner Frauenkirche stattfinden wird, freut uns sehr, denn dieser Ort steht wie kaum ein zweiter in Deutschland als Symbol für Erinnerung und Versöhnung. HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden und die Stiftung Frauenkirche Dresden setzen damit gemeinsam ein Zeichen der Erinnerungskultur in Sachsen und würdigen erstmals die Opfer des Völkermordes an den europäischen Sinti und Roma«, so Damm.

Frauenkirche Dresden

Werbung