Und was macht der Sächsische Musikrat? Darüber berichtet dessen Geschäftsführer Torsten Tannenberg
Wir sind in den Januar 2021 mit der Eröffnung unseres »Orgel-Jahres« gut gestartet. Mit viel Optimismus und ganzer Kraft werden wir alles daransetzen, damit im Laufe dieses Jahres die Musik wieder in unserem gemeinsamen Alltag erlebbar wird. Trotzdem: Lassen Sie uns auch darüber nachdenken, wie wir die vielen alltäglichen Dinge, die uns in den letzten neun Monaten »vor die Füße gefallen sind« künftig besser machen können.
Gern informieren wir Sie regelmäßig über das, was wir tun. Manches wird auch über die Presse und den Rundfunk transportiert. Wir sind uns als Dachverband innerhalb eines weitgespannten Netzwerkes unserer Verantwortung bewusst, alle Maßnahmen zu bündeln und möglichst umfassend zu informieren.
Was bewegt uns zurzeit?
Wir beraten
Wir beraten seit April letzten Jahres nahezu ununterbrochen einige hundert Menschen zu den zahllosen Hilfsprogrammen. Die Unzulänglichkeiten der derzeitig laufenden Bundesprogramme für die selbständigen Künstler/-innen – Novemberhilfe genannt – benennen wir. Allerdings verhallen unsere Rufe in die Bundespolitik ungehört. Auch der Hilferuf an unseren Dachverband Deutscher Musikrat – an diesen ging am 17. Dezember 2020 ein achtseitiges Schreiben mit vielen Fallbeispielen – hat nichts geholfen. Nach dem Lesen des Entwurfs für die ab Januar geltende Überbrückungshilfe III können wir derzeitig jedem/r Solo-Selbstständigen nur raten, Grundsicherung zu beantragen. Daran ändern auch die vollmundigen Äußerungen von Herrn Altmaier am 18. Januar 2021 zu diesem Thema nichts.
Wir informieren
Unsere Corona-Seite wird seit Frühjahr 2020 sehr geschätzt. Hier sind wir weiter dran, nutzen aber auch unseren Newsletter, mit dem wir ca. 1.300 Institutionen, Vereine und Einzelpersonen regelmäßig erreichen
Wir fördern mit der Hilfe des Freistaates
Wir streben gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus die Fortsetzung eines bereits im 2. und 3. Quartal 2020 praktizierten Hilfsprogramms für die Minderung von Honorarausfällen von Musik- und Tanzpädagogen/-innen in Sachsen ab Januar 2021 an.
Wir fördern mit der Hilfe Vieler
Wir haben bisher nie ausschließlich auf Steuergelder gewartet. In den vergangenen zwei privaten Spendenprogrammen (»Musikrat hilft sofort« und »Advent braucht Musik«) haben wir ca. 70.000 Euro von privaten Spender/-innen gesammelt und damit über 300 Musiker/-innen helfen können.
Wir lernen
Faire Vergütung ist unser Thema für die Zukunft. Im Februar 2021 werden wir eine Richtlinie zur Honorarvergütung von Musiker/-innen, die in freien Projekten in Sachsen tätig sind veröffentlichen. Wir sind allen dankbar, die sich in den letzten Monaten an dieser Diskussion in einer Arbeitsgruppe beteiligt haben. Parallel dazu haben wir das Feld bereitet, dass in der Landespolitik, aber auch bei den Förderern auf der Ebene des Landes und der Kulturräume diese Richtlinie auf Unterstützung stoßen wird.
Unsere Strategie für den Kulturhaushalt des Landes für die Jahre 2021 und 2022
Es ist in der Krise offensichtlich geworden, dass das riesige Kulturangebot, welches wir in den letzten 30 Jahren angehäuft haben, ein »Kulturprekariat« erzeugt hat, welches bereits nach vier Wochen im April 2020 keine Rücklagen mehr hatte, um laufende Lebenshaltungskosten zu tragen. Unter der Prämisse, immer mehr möglich zu machen (und das auch noch flexibel) haben die Millionen an Projektfördermitteln eine »Wander-Kulturarbeiterszene« erzeugt, die sich mit drei bis vier parallelen Arbeitsfeldern ernährt und nur im oberen Drittel des branchenspezifischen Einkommensspektrums eine faire Vergütung erhält. Das müssen wir ändern. Dies ist allerdings ein langer Weg, auf den sich Viele aufmachen müssen, beginnend von den Ausbildungseinrichtungen bis hin zu den Künstler/-innen. Der Sächsische Musikrat ist bereit, hier eine koordinierende Rolle einzunehmen.
Ein erster naheliegender Schritt und mit diesem Doppelhaushalt bereits machbar, ist die weitere Verbesserung der Mittelausstattung von Musikschulen in Sachsen. Dies kann allerdings nur im Zusammenhang mit klaren Forderungen an die Träger dieser Einrichtungen geschehen, den Anteil von festangestelltem Personal im Zeitraum der nächsten sechs Jahre auf 100% zu steigern, bei einer gleichzeitig leistungsgerechten Vergütung des künstlerischen Personals mit Hochschulabschluss. Der ›Arbeitsplatz Musikschule‹ ist unattraktiv geworden. Zusammen mit dem ›Bildungsort Musikschule‹ wird er aber eine Voraussetzung dafür sein, dass wir nicht in ein System Musikschule in den letzten 30 Jahren ca. 900 Mio. Euro in Sachsen an öffentlichen Mitteln finanziert haben, das irgendwann für Nutzer, aber auch für Arbeitskräfte derart an Anziehungskraft verliert, dass es langsam zerbröselt und wir diese Investition abschreiben müssen.
Torsten Tannenberg
Geschäftsführer des Sächsischen Musikrates